Spirit Guide #1 - Der erste Monat - Feel Good World Trip

Spirit Guide #1 - Der erste Monat

10/18/2015

Hallo Freunde, lange habe ich euch nicht in meine Gefühlswelt eintreten lassen. Warum? Weil es sehr anstrengend ist, solche langen Texte zu schreiben und mir oft die Musse dafür fehlt. Der wohl wichtigere Punkt ist, dass ich mich selbst von den negativen Gefühlen distanzieren wollte, die die andere Seite der Medaille während meiner Reise bildeten. Man sagt, die erste Phase einer Reise ist sehr mit Heimweh verbunden. Ich kann dies nur bestätigen. Wenn man diesen Standpunkt betrachtet und ich mich nun wieder an die Tastatur traue, so habe ich diese Phase womöglich überwunden. Wie ich an diesen Punkt gekommen bin, will ich nun hier erörtern.

Takayama am Fluss - Pause vom Fest mit japanischem Doener für den Gaumen 

Routine tritt ein

Auch wenn sich stets alles änderte, so folgte ich unbewusst einem bestimmten Muster: Hostel, Trekking, Hostel, Trekking, ... Nachdem ich diesen Loop das zweite Mal durchlief, wurden mir meine Absichten klarer. Ich suchte das Abenteuer und die Ruhe. Es war wie ein natürlicher Biorhythmus, dem ich folgte. Meine Neugier auf das Land und die Menschen und meine Sehnsucht nach Zurückgezogenheit wechselten im Wochentakt.
Den gegenteiligen Verlauf weist mein Kontakt zur Familie auf. Da ich hier keine SIM-Karte habe (um mich nicht vom Handy abhängig zu machen), lebe ich während der Trekking-Touren mehr für mich allein und im Hostel fühlt es sich so an, als wären alle meine Lieben ganz nah. So könnte man meinen, dass ich mich während der Trekking-Touren von meiner Heimat Ruhe ersuche und im Hostel umgekehrt.
Im Einzelnen betrachtet machen diese beiden Komponenten eher wenig Sinn, im Ganzen sind sie absolut nachvollziehbar. Die Abenteuerseite, die tags kilometerweise läuft, um neue Dinge für sich zu entdecken, ist das Ich, welches sich auf die Weltreise ein Jahr vorbereiten vermochte. Der Ruhepol sehnt sich schrecklich nach seiner Familie und nach Trost in dieser einsamen Welt. Diese beiden Juliens machen das Gesamtbild aus, welches keinem unbedingt fremd sein sollte. Wir können diese Personifizierungen auch Yin- und Yangphase nennen, Negativ- und Positivphase.
Ich muss zugeben, das ist jetzt nichts Neues für euch, jedoch gibt es für mich einen entscheidenden Punkt an dieser Geschichte: Es liegt an mir, was ich hier draussen tue. Wenn ich eine Tour verlängern möchte oder an einem Ort verharren will, so steht es mir frei. Wenn ich tagelang im Bett liegen will, dann nehme ich mir die Zeit.
Hatte ich diese Möglichkeit in Deutschland? Im Alltag, wo unerschöpflich viele Aufgaben auf einen warten und das Leben zum Stress machen, gab es für mich persönlich selten diesen Ruhepol. Besonders zu Abiturzeiten, wo ich doch jeden Tag bitte voll dabei sein sollte, um auf eine gute Punktzahl zu kommen, viel es mir schwer, abzuschalten. Ich weiss, ich habe mir das alles selbst zu verschulden. Womöglich fehlte es mir noch an Reife, diesen Teufelskreis richtig zu verstehen. Aus sicherer Distanz betrachtet erkenne ich für mich einige Dinge, die mir im späteren Leben noch von Nützen sein werden.
Also wird aus meinem neuen Lebensstil hier draussen ein Lebensmotto für die Ewigkeit:

"Lasse dich von den Wellen des Lebens mitreissen."

Und so trat eine gefühlsmäßige Sicherheit auf, die mein inneres Befinden betrifft. Doch wie sah es mit dem Umfeld und dem Einleben in Japan aus?

Tücken des Alltags

  Matsumoto Castle 

Es ist einfach unglaublich wie schnell die Zeit vergeht! Dieser Monat ging im Flug rum. Gefühlsmäßig habe ich nicht viel für einen Monat erlebt, auch wenn ich oben mit neuen Perspektiven gewettert habe. Ich hänge in meinem Bewusstsein noch viel an Deutschland, jedenfalls werte ich im Moment noch mein Leben vor der Reise aus.
Unbewusst machen sich Prozesse stückweise bemerkbar, die mich unglaublich faszinieren! Als ich nach Japan gekommen bin, wurde ich vom bunten Stadtbild regelrecht geblendet. Nun sind viele Dinge, die ich sehe, selbstverständlich. Der Normalzustand prägt sich ein. Ampeln sind schräg in Japan, die Schrift ist anders, die Toiletten haben automatische Reinigungssysteme. Alle diese Eindrücke sind nichts besonderes mehr. Damit eröffnet sich der Horizont für neue Ebenen des bewussten Reisens. 
Ich konzentriere mich aktuell stark auf die Sprache. Ich bin mit meinem Japanisch zwar noch auf dem Einsteigerlevel, jedoch sind Konversationen bereits möglich, was mich mit Stolz erfüllt. Ausserdem nehme ich Informationen über das Leben hier auf, was mir vorher nicht möglich gewesen wäre. In meinem Dasein empfinde ich die Sprache wie einen Code, den man entschlüsseln muss, um an neue Informationen gelangen zu können. Das ist extrem spannend, für Menschen, die gerne interagieren, eine tolle Beschäftigung. Andererseits muss man sagen, ist es manchmal echt schwierig, sich zu verständigen.
Es kommt das erste Mal die Situation zustande, in der ich mich komplett selbst versorgen muss. Ohne festen Wohnsitz kann der Einkauf nur auf Tagesrationen beschränkt werden. Die Ernährung leidet auf jeden Fall darunter. Da das Essen hier sehr teuer ist, möchte ich Geld sparen, indem ich viel Toast esse. Mein Körper hätte das sicherlich nicht lange mitgemacht. Das ist das Ungesündeste, was ich überhaupt machen kann. Selbst, wenn ich das weiss, fällt es mir schwer, mich abwechslungsreich zu ernähren, da ich vieles Essen nicht kenne und ich mich nicht traue, es zu probieren, oder die Schrift nicht lesen und somit die Inhaltsstoffe beziehungsweise die Naehrwerttabelle nicht entziffern kann. Es ist ein Horror. Wenn meine Eltern das sehen würden! Ich gebe mir Mühe, das in den Griff zu bekommen, da ich bei Restaurantbesuchen merke, wie sich mein Körper bei mir bedankt.
"Itadakimasu!"

Was mich im Alltag oft überrascht, ist die Sehnsucht nach meinem Zuhause. Jegliche Gefühlsregungen hier sind noch extrem. Meine Beziehung hat auf jeden Fall unter den unterschiedlich wirkenden Launen von mir zu kämpfen. An diesem Punkt ein grosses Dankeschön an Sophie, dass du für uns beide stark bist. Diese Stabilität tut mir gut, ich spüre sie bis hierhin! Ich werde mich bald wieder selbst stützen.

Trotz allem fehlte mir während der gesamten Zeit etwas: die Arbeit. Dieses Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und Seite an Seite mit Japanern etwas zu schaffen, ist eine komplett andere Erfahrung, die ich unbedingt machen wollte. Und es war sehr schwer, etwas zu finden. Ich liess mich runterziehen, weil ich ständig aufgrund meines mangelndem Japanisch abgelehnt wurde. Ich hakte die Vorstellung für mich bald ab. Letztendlich habe ich Tanja zu verdanken, dass ich doch noch etwas gefunden habe. Durch sie konnte ich mich neu ausprobieren, eine neue Routine annehmen und eine japanische Bauernfamilie kennenlernen, deren Lebensweise ich sonst wohl nie erfahren hätte. Ich esse gesund, ich lerne für die Sprache dazu und besonders die ländliche Kultur wird mir zugänglich gemacht. Ach ja, und ich schaue oft Fern. Das ist auch etwas ganz Besonderes. Kaum zu beschreiben. Die Japaner überspitzen ziemlich viel in Shows, sodass es für Deutsche Verhältnisse schon zum Fremdschaemen wäre. Allerdings bringen die Japaner es auf ihre sympathische Art und Weise so rüber, dass es tatsächlich lustig, im schlimmsten Fall niedlich rüberkommt. Das ist womöglich ein Erzeugnis meiner rosa Brille, die vom Beginn meiner Reise noch nicht ganz verschwunden ist. Wer weiss...


Falls ich irgendetwas vergessen haben sollte, so werde ich dies im nächsten Blog ergänzen. Im Fotoblog wird meine Reise für euch erläutert... aber nicht heute.

Freut euch auf das nächste Mal!

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